VHS Altenburger LandVHS Altenburger Land
Sie befinden sich hier:

Blog: "Akademie in der Aula"

Herzlich willkommen auf unserem Blog zu unserer Vortragsreihe "Akademie in der Aula". Seit September 2019 begrüßen wir einmal im Monat an einem Montag Gäste aus Wissenschaft, Journalismus und Literatur in der altehrwürdigen Aula unserer Volkshochschule in Altenburg zu einem Vortrag zu Themen aus Politik, Gesellschaft und Geschichte mit anschließender Diskussion. Die Vortragsreihe wird gefördert aus Mitteln des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Einzelne Vorträge bieten wir in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen an. Hier dokumentieren wir alle bislang gehaltenen Vorträge.
 


FRÜHJAHRSSEMESTER 2024


18. März 2024: Dr. Silke Ohlmeier

Am 18. März 2024 war die Hannoveraner Soziologin und Autorin Dr. Silke Ohlmeier in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Im Rahmen einer in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen veranstalteten Lesung stellte sie ihr Buch "Langeweile ist politisch. Was ein verkanntes Gefühl über unsere Gesellschaft verrät" vor. Dabei erläuterte die Autorin, dass es neben dem alltäglichen (und in der Regel unproblematischen) Gefühl der Langeweile auch chronische oder gar existentielle Formen der Langeweile gibt, die sich zumindest teilweise auf systematische gesellschaftliche Ursachen zurückführen lassen. Wie kommt es etwa, dass Mütter sich häufiger langweilen als Väter? Wieso langweilen sich arme Menschen häufiger als reiche? Und warum gibt es in Unterkünften für Geflüchtete so wenige Angebote gegen die Langeweile? Diesen und ähnlichen Fragen ging Silke Ohlmeier in der Lesung aus ihrem Buch nach. Im Gespräch mit dem Publikum wurden auch andere Faktoren diskutiert wie beispielsweise monotone Arbeitsbedingungen. Zudem wurde deutlich, dass das Phänomen der Langeweile soziologisch bislang nur unzureichend erforscht ist, sodass über viele mögliche Zusammenhänge bislang nur wenige belastbare Daten vorliegen.


26. Februar 2024: Dr. Marcel Lewandowsky

Zum Auftakt des Frühjahrssemesters 2024 war der Politikwissenschaftler Dr. Marcel Lewandowsky, Privatdozent an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Knapp 60 Interessierte besuchten seinen Vortrag "Populismus: Warum er erfolgreich ist und wie man mit ihm umgehen kann". Lewandowsky stellte zunächst Populismus als eine Ideologie vor, die das "Volk" als homogene Gruppe verstehe, deren Wille in einer "wahren" Demokratie stets ungefiltert umgesetzt werden müsse. Daher stelle der Populismus eine Gefahr für die rechtsstaatliche Demokratie dar, da wesentliche Elemente wie Gewaltenteilung, Grundrechtsschutz und Medienfreiheit von Populisten stets als Hindernis ihres Demokratieverständnisses wahrgenommen würden. Mit welchen Techniken und Strategien Populisten die rechtsstaatliche Demokratie aushöhlen, illustrierte der Referent insbesondere an Donald Trump in den USA und der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) in Polen. Des Weiteren skizzierte er Gründe für den Erfolg populistischer Parteien und stellte mögliche Gegenstrategien zur Debatte. Im anschließenden Gespräch mit dem Publikum wurde insbesondere diskutiert, wodurch Demokratien den Erfolg populistischer Akteure ermöglichen, welche Rolle soziale Medien spielen und was 2023 in Polen den Wahlsieg einer anti-populistischen Koalition gegen die PiS ermöglichte.


HERBSTSEMESTER 2023/24


5. Februar 2024: Prof. Dr. Florian Bruns

Der Medizinhistoriker und Medizinethiker Florian Bruns (Technische Universität Dresden) war zum Abschluss des Herbstsemesters 2023/24 in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Thema seines Vortrags: "Das Gesundheitswesen der DDR aus Patientensicht: Erkenntnisse aus Eingaben der 1980er Jahre". Nach einer Einführung in Geschichte und Struktur des DDR-Gesundheitssystems skizzierte der Referent, wo das Gesundheitswesen besonders erfolgreich war (etwa bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten) und wo nicht (zum Beispiel bei Krankheiten infolge der Umweltverschmutzung). Daran anschließend präsentierte Bruns Eingaben, die DDR-Bürger an das Gesundheitsministerium oder das Zentralkomittee der SED geschrieben hatten. Diese betrafen so verschiedene Themen wie Medikamentenmangel, die Suche nach einem Pflegeheimplatz oder mangelnde Information über die Krankheit AIDS. Solche Eingaben wurden seitens der (Partei-)Behörden in der Regel auch beantwortet und führten – etwa bei einem fehlenden Arzneimittel – auch häufig zur Lösung des vorgebrachten Problems für den einzelnen Betroffenen. In der Diskussion mit dem Publikum schilderten mehrere Teilnehmende ihre eigenen Erfahrungen mit Eingaben in der DDR, sowohl aus Sicht von Eingaben schreibenden Bürgern als auch aus der Perspektive betroffener Ärzte.


8. Januar 2024: Katharina van Bronswjik

Zum Beginn des Jahres 2024 war die Schneverdinger Psychologin und Verhaltenstherapeutin Katharina van Bronswjik in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Im Rahmen einer in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen veranstalteten Lesung stellte sie ihr Buch "Klima im Kopf. Angst, Wut, Hoffnung: Was die ökologische Krise mit uns macht" vor. In ihrem Einführungsvortrag gab van Bronswijk zunächst einen Überblick über die psychischen Folgen der Klimakrise: von Stress, über Ängste und Agressionen bis hin zu psychischen Erkrankungen. Anschließend skizzierte sie, welchen Phasen viele Menschen zur psychischen Verarbeitung des menschengemachten Klimawandels durchmachen: von Leugnung über Wut, Aushandlung und Depression bis hin zur Akzeptanz. Schließlich formulierte die Referentin, die in der Initiative Psychologists/Psychotherapists for Future seit Jahren in der Klimabewegung aktiv ist, dass wir sowohl als Individuen als auch als Gesamtgesellschaft "adaptive" und "transformative Resilienz" entwickeln sollten, um den Klimawandel zu bewältigen. Zu den skizzierten Aspekten las Katharina van Bronswjik Auszüge aus ihrem Buch vor. Die anschließende Diskussion mit dem Publikum konzentrierte sich insbesondere auf das Verhältnis von Psyche und Gesellschaft, die Bedingungen erfolgreicher Klimapolitik sowie die aktuell von vielen wahrgenommene Schwäche der Klimabewegung.


7. November 2023: Prof. Dr. Gunther Schnabl

Am 7. November 2023 war der Wirtschaftswissenschaftler Gunther Schnabl (Universität Leipzig) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Thema seines Vortrages: "Inflation – Ursachen, Formen und Folgen". Nach einem kurzen Überblick über die Inflationslage in Deutschland und der Europäischen Union skizzierte Schnabl zunächst verschiedene Auslöser und Ursachen von Inflation und ging dabei auch auf die Schwierigkeiten bei der Inflationsmessung ein. Anschließend stellte er verschiedene Formen von Inflation vor – von der offiziell gemessenen Konsumentenpreisinflation über die Inflation der Vermögenspreise, steigende Kosten öffentlicher Güter, versteckte Inflation in Form von Qualitäts- oder Gewichtsanpassung von Produkten und Dienstleistungen bis hin zur gefühlten Inflation. Mit Blick auf die Folgen von Inflation vertrat Gunther Schnabl die These, dass Inflation immer negative Wachstums- und Verteilungseffekte mit sich bringt. Abschließend stellte er verschiedene Gründe für eine in näherer Zukunft wieder sinkende oder weiter anhaltend hohe Inflation zur Debatte. In der Diskussion mit dem Publikum wurden wurde insbesondere thematisiert, ob und inwieweit sich staatliche Maßnahmen zur Erreichung bestimmter Politikziele – namentlich im Bereich des Klimaschutzes – ohne negative Auswirkungen auf die Preisstabilität umsetzen lassen.


25. September 2023: Dr. Johannes Müller-Salo

Zum Auftakt des Herbstsemesters 2023/24 war der Philosoph Dr. Johannes Müller-Salo (Leibniz-Universität Hannover) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. In seinem sehr gut besuchten Vortrag ging er der Frage nach: "Klima, Rente und noch mehr: Droht ein Konflikt der Generationen?" Aufbauend auf Definitionen der Begriffe "Generation" und Gerechtigkeit" stellte der Referent zunächst verschiedene Modelle der Generationengerechtigkeit vor. Daran anschließend analysierte er verschiedene Konliktthemen in Deutschland in drei verschiedenen Dimensionen: in der materiellen Dimension die Auswirkungen der Klimakrise und die Finanzierung der Sozialversicherungen; in der institutionellen Dimension die Beteiligung jüngerer Generationen an politischen Entscheidungen; und in der mentalen Dimension die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Krisen durch verschiedene Generationen. Dabei vertrat Müller-Salo pointiert die These, dass in diesen Konfliktfeldern die jüngeren gegenüber den älteren Generationen systematisch benachteiligt sind. In der anschließenden, lebhaften Diskussion mit dem Publikum wurden inbesondere die mangelnde Repräsentation der Jüngeren in politischen Parteien, die Möglichkeiten politischer Reformen und das Verhältnis von Generationenkonflikten zu anderen Konfliktlinien wie der zwischen Arm und Reich diskutiert.


FRÜHJAHRSSEMESTER 2023


26. Juni 2023: Carolin Würfel

Zum Abschluss des Frühjahrssemesters 2023 war die Berliner Autorin und Journalistin Carolin Würfel in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Im Rahmen einer sehr gut besuchten Lesung stellte sie ihr aktuelles Buch "Drei Frauen träumten vom Sozialismus: Maxie Wander, Brigitte Reimann, Christa Wolf" vor. Darin porträtiert die Autorin diese drei Ikonen der DDR-Literatur, die trotz unterschiedlichster Temperamente eines einte: die Begeisterung für das Versprechen des Sozialismus, die Bereitschaft, den Traum vom neuen Menschen in ihrem Alltag, ihrer Arbeit und ihren Beziehungen umzusetzen. Gestützt auf Korrespondenzen und Tagebuchaufzeichnungen zeichnet Würfel die unterschiedlichen Inspirationen und Konflikte der schriftstellerischen Arbeit der drei Frauen, ihre Beziehungsgeflechte, aber auch ihre Alltagssorgen im real existierenden Sozialismus nach. Dabei zeigt sie insbesondere, mit welchem Selbstbewusstsein sie in den 1950er- und 1960er-Jahren ihre Ziele verfolgten, sich dabei als Freundinnen gegenseitig stützen, und – nicht zuletzt – wie ihre Träume auch platzten. Im Gespräch teilten die Teilnehmenden der Lesung eigene Lektüreerfahrungen und wollten von der 1986 geborenen Carolin Würfel insbesondere wissen, wie sie einen Zugang zur DDR-Literatur gefunden hat und auf das konkrete Thema ihres Buches gekommen ist.


19. Juni 2023: Dr. Anke Geier

Am 19. Juni war die Historikerin Anke Geier, Leiterin der Außenstelle Suhl des Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Thema ihres Vortrages war aus Anlass des 70. Jahrestages des Volksaufstands in der DDR "Der 17. Juni 1953 im Altenburger Land". Nach einer Einführung in die Vorgeschichte und den Verlauf des Aufstands, der an mehr als 700 Orten in der gesamten DDR stattfand, schilderte die Referentin ausführlich die Geschehnisse im Altenburger Land. Streiks, Diskussionen und Versammlungen vor Haftanstalten gab es damals unter anderem in Altenburg, Gößnitz, Großröda, Meuselwitz und Schmölln. So versammelten sich am 17. Juni bis zu 1.000 Menschen auf dem Schmöllner Marktplatz, forderten den Rücktritt der Regierung, Preissenkungen im Einzelhandel und die Auflösung der Kasernierten Volkspolizei. Am Abend wurde der Platz mit Hilfe der sowjetischen Armee geräumt. Auch in Altenburg kamen Panzer der Besatzungsmacht zum Einsatz. Im Unterschied zu anderen Orten in der DDR verlief der Volksaufstand im Altenburger Land jedoch weitgehend friedlich. Gleichwohl kam es auch hier zu zahlreichen Verhaftungen. In der Diskussion mit dem zahlreich erschienenen Publikum wurden vor allem die Ursachen des Volksaufstands sowie die schwierige Quellenlage aufgrund fehlender Zeitzeugenberichte debattiert.


8. Mai 2023: Prof. Dr. Patrick Donges

"Social Media und der Wandel von Öffentlichkeit" war das Thema in der "Akademie in der Aula" am 8. Mai 2023. Zu Gast war der Kommunikationswissenschaftler Patrick Donges (Universität Leipzig). Nach einem Überblick über das Nutzungsverhalten von Sozialen Medien wie Facebook, Instagram, Twitter oder TikTok zeigte der Referent zunächst auf, dass wir zwar seit Jahren eine steigende Nutzung von Social Media beobachten können, gleichzeitig aber Nachrichten auf diesen Plattformen ein relativ geringes Vertrauen entgegen gebracht wird. Anschließend diskutierte Donges die prominenten Thesen, wonach Social Media maßgeblich zur Bildung von "Filterblasen" und "Echokammern" beitrügen. Diese Phänomene seien jedoch einerseits nicht neu und würden andererseits in ihrer Dramatik überschätzt. Gleichwohl trügen Soziale Medien zu einem Wandel von Öffentlichkeit bei: Sie steigern die Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von Informationen, was einen verstärkten Wettbewerb um Aufmerksamkeit zur Folge habe. Gleichzeitig entstehe ein "Überschusssinn", da deutlich mehr Informationen bereit stünden als verarbeitet werden könnten. Öffentlichkeit werde zwar persönlicher, zerfalle aber auch in zahlreiche (Teil-)Öffentlichkeiten. Kurzum: "Wir sehen mehr, wissen aber nicht, ob andere es auch sehen." Die anschließende Diskussion mit dem Publikum konzentrierte sich insbesondere auf die Folgen dieses Öffentlichkeitswandels für das Funktionieren unserer Demokratie.


3. April 2023: Prof. Dr. Karin Scherschel

Unter der Überschrift "Zwischen Willkommenskultur und Abwehr" widmete sich die "Akademie in der Aula" am 3. April 2023 aktuellen und historischen Fluchtdynamiken und den gesellschaftlichen Reaktionen. Zu Gast war die Soziologin Karin Scherschel, die das Zentrum Flucht und Migration an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt leitet. In ihrem Vortrag gab sie zunächst einen Überblick über die globalen Fluchtbewegungen und ging im Besonderen auf die aktuelle Flüchtlingswelle aus der Ukraine ein. Dabei zeigte sie, dass sich das weltweite Fluchtgeschehen zum weit überwiegenden Teil außerhalb Europas abspielt, und es der Europäischen Union gelungen ist, sich gegenüber Flüchtlingsströmen weitgehend abzuschotten. Der zweite Teil des Vortrages behandelte Flucht und Migration in historischer Perspektive. Scherschel zeichnete hier zum einen die Entstehung unseres heutigen Flüchtlingsbegriffs nach und ging auf den Verlauf der Asyl- und Fluchtmigration nach Deutschland seit 1949 ein. Im dritten Vortragsteil wurden zahlreiche Befunde zum gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Flucht und Vertreibung in Deutschland präsentiert: von zivilgesellschaftlichem Engagement für Geflüchtete über restriktiver werdende Asylpolitik bis hin zu rassistischer Gewalt. In der anschließenden Diskussion wurden vor allem die administrativen Probleme im Umgang mit Geflüchteten sowie der Widerspruch zwischen europäischen Werten und restriktiver Flüchtlingspolitik thematisiert.


6. März 2023: Dr. Volker Ullrich

Zum Auftakt des Frühjahrssemesters 2023 war der Hamburger Publizist und Historiker Volker Ullrich in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Im Rahmen einer in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen veranstalteten Lesung stellte er sein Buch "Deutschland 1923. Das Jahr am Abgrund" vor und gab einen Überblick über diese Krisenjahr. Deutschland erlebte einen Sturz ins Bodenlose: Ruhrbesetzung, Hyperinflation, Verelendung. Während die Vergnügungsindustrie boomte, bedrohten separatistische Bewegungen den Bestand des Reiches, griffen rechte und linke Extremisten die Republik an, und bereitete in München ein gewisser Adolf Hitler einen Putschversuch vor, der jedoch kläglich scheiterte. Der "Großen Koalition" unter Reichskanzler Gustav Stresemann gelang es jedoch im Spätsommer und Herbst, die Hyperinflation zu beenden und die politische und wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Einerseits, so Volker Ullrich, habe die Weimarerer Republik 1923 eine erstaunliche Krisenfestigkeit bewiesen. Andererseits hätten sich jedoch bereits die antidemokratischen Kräfte gezeigt, an denen die erste Demokratie ein Jahrzehnt später letztlich maßgeblich zugrunde gehen sollte. Der Lesung schloss sich eine interessierte Diskussion mit dem zahlreich erschienenen Publikum an. Dabei ging es insbesondere um die Rolle des Versailler Vertrages, den Einfluss US-amerikanischer Kredite für die Stabilisierung der deutschen Wirtschaft nach 1923 und die Frage, ob die Krise des Jahres 2023 mit der von 1923 vergleichbar sei – eine Frage, die der Referent mit einem klaren "nein" beantwortete.


HERBSTSEMESTER 2022/23


6. Februar 2023: Prof. Dr. Andreas Goldthau

Der Politikwissenschaftler Andreas Goldthau (Universität Erfurt) war zum Abschluss des Herbstsemesters 2022/23 in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Unter dem Titel "Europas Energie-Versorgungssicherheit: Schaffen wir die Wende von den fossilen zu den erneuerbaren Energien?" widmete er sich in seinem Vortrag drei Fragen: Wo stehen wir in Deutschland und der EU hinsichtlich Energiesicherheit und Energiewende? Welche alternativen Energiequellen können die Versorgungssicherheit erhöhen? Und: Was bedeutet dies für unser Wirtschaftsmodell? Zunächst zeigte der Referent auf, wie es der EU innerhalb von weniger als einem Jahr gelang, sich nach Russlands Angriff auf die Ukraine nahezu vollständig unabhängig von den russischen Energieträgern Gas, Öl und Kohle zu machen. In der Folge verdoppelten sich jedoch die Importe von Flüssiggas (LNG) – vornehmlich aus den USA. Dies habe zum einen zur Folge, dass unsere Gaspreise in den nächsten Jahren nicht wieder auf das Vorkrisenniveau fallen werden. Zum anderen führe es aber auch dazu, dass weniger zahlungskräftige Länder wie Bangladesch, Pakistan oder Sri Lanka sich faktisch kein LNG mehr auf dem Weltmarkt beschaffen können. Für Deutschland und Europa ergebe sich ein erhöhter Druck zur Beschleunigung der Energiewende. Hierzu gibt es laut Andreas Goldthau auch keine Alternative, wenn wir unser Wirtschftsmodell nicht aufgeben wollen. Wichtig sei, möglichst viel Energie lokal zu produzieren; daher bestehe der Kern der Lösung in der weitgehenden Elektrifizierung unserer Energieversorgung. Die Diskussion mit dem Publikum konzentrierte sich auf die zukünftige Entwicklung der Energiepreise und die Rolle von Wasserstoff als alternativer Energieträger.


9. Januar 2023: Dr. Ronald Füssel

Das Jahr 2023 begann in der "Akademie in der Aula" mit dem Thema "Hexenglaube und Hexenverfolgung in Deutschland". Zu Gast war am 9. Januar 2023 der Marburger Historiker Ronald Füssel. In seinem Vortrag zeichnete er zunächst die Entstehung des Hexenglaubens im Spätmittelalter als Verbindung des traditionellen Magieglaubens mit der kirchlichen Idee der Häresie nach. Die Vorstellung der "Hexerei" (ein Begriff, der im Jahr 1419 erstmals auftaucht) führte im 16. bis 18. Jahrhundert zu einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Europas, Deutschlands und Thüringens: der Durchführung einer Vielzahl von "Hexenprozessen" durch die staatlichen Gewalten, zum Teil richtiggehender Verfolgungswellen, bei denen zumeinst nach intensiven Folterungen insgesamt schätzungsweise 50.000 Menschen den Tod fanden, davon etwa 25.000 auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland. In Thüringen wurden dabei mehr als 1.500 Hexenprozesse geführt, bei denen etwa 900 Menschen – meist Frauen, aber auch Männer – zum Tod durch Verbrennen verurteilt wurden. Zum Abschluss seines Vortrages diskutierte Ronald Füssel einige populäre Vorstellungen und Klischees und erklärte, wie sich das Bild der "Hexe" in den vergangenen 300 Jahren grundlegend gewandelt hat. In der Diskussion mit dem zahlreich erschienenen Teilnehmenden wurden insbesondere Fragen zu Hexenprozessen im Altenburger Land gestellt und die Ursachen der Hexenverfolgungen debattiert.


5. Dezember 2022: Prof. Dr. Carlo Masala

Zum Abschluss des Jahres 2022 war der bekannte Politikwissenschaftler Carlo Masala (Universität der Bundeswehr München) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Sein Vortrag "Zeitenwende in Deutschland – Zeitenwende in der internationalen Politik" lockte mehr als 60 Teilnehmende an. Der Referent führte zunächst aus, dass sich aus dem russische Angriffskrieg auf die Ukraine eine grundlegende Konsequenz ergebe: Gegen einen potentiellen russischen Angriff müssten Deutschland, die EU und die NATO eine dauerhafte Abwehrfähigkeit schaffen, wie man sie seit dem Ende des "Kalten Krieges" nicht mehr für notwendig erachtet hatte. Anschließend erörterte Masala die grundlegenden Umwälzungen im internationalen System, die sich aktuell zeigten. Dabei ging er insbesondere auf die Rolle Chinas ein, die er mittel- und langfristig als deutlich wichtiger einschätzte als diejenige Russlands. Konkret vertrat er die These, dass die nach dem 2. Weltkrieg errichtete liberale Weltordnung ernsthaft bedroht sei. Schließlich analysierte der Referent die Lage der Bundeswehr und die zu erwartenden Veränderungen durch das 100 Milliarden Euro große Sondervermögen zur besseren Ausrüstung. In der sich an den Vortrag anschließenden Debatte mit dem Publikum wurden zahlreiche Punkte diskutiert: von der Frage nach der Rationalität des russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr bis hin zur Gefahr eines Atomkrieges zwischen Russland und dem Westen. Letztgenannte wurde von Carlo Masala als ausgesprochen gering eingeschätzt.


7. November 2022: Prof. Dr. Karina Becker

Unter der Überschrift "Vom Gender Pay Gap zum Gender Health Gap" widmete sich die "Akademie in der Aula" am 7. November 2022 den ungleichen Erwerbsarbeitsbedingungen zwischen den Geschlechtern. Zu Gast war die Geraer Soziologin Karina Becker (Duale Hochschule Gera-Eisenach). In ihrem Vortrag stellte sie zunächst den Forschungsstand zum sogenannten "Gender Pay Gap" vor. Dieser Begriff beschreibt das geschlechtsspezifische Einkommensgefälle, wonach Frauen im Vergleich zu Männern tendenziell in schlechter bezahlten Berufen arbeiten und darüber hinaus auch auf identischen Arbeitsplätzen schlechter bezahlt werden. Dieses Phänomen wird bereits seit einigen Jahrzehnten diskutiert und ist auch statistisch sehr gut dokumentiert. Darauf aufbauend stellte die Referentin ihre Forschungsergebnisse zum sogenannten "Gender Health Gap" vor. Mit diesem Begriff wird die Annahme beschrieben, dass Frauen höheren physischen und psychischen Belastungen im Beruf ausgesetzt sind als Männer und über geringere gesundheitserhaltende Ressourcen verfügen. Diese erst seit jüngerem in der Forschung diskutierte These basiert auf der Annahme, dass Beschäftigte in typischen "Frauenberufen" stärkeren psychischen und emotionalen Belastungen ausgesetzt sind, die jedoch nicht durch angemessene Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Arbeitsschutz ausgeglichen werden. In der Diskussion thematisierten die Teilnehmenden insbesondere eigene Erfahrungen aus dem Berufsfeld der Kranken- und Altenpflege. Dabei kamen auch Mechanismen zur Sprache, die gegen das Gender Health Gap wirken könnten wie etwa die abnehmende ethische und eine zunehmende ökonomische Berufsmotivation von Pflegekräften.


10. Oktober 2022: Priv.-Doz. Dr. Franziska Naether

Am 10. Oktober 2022 war die Ägyptologin Franziska Naether (Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. In ihrem Vortrag widmete sie sich dem "Spiel am Nil: Senet, Würfel, Lebenshilfen". Darin präsentierte sie mit umfangreichem Bildmaterial den aktuellen Forschungsstand über die Frage, welche Gesellschaftsspiele in der Antike gespielt wurden, an welchen Orten gespielt wurde und welche Bedeutung dem Spiel in den verschiedenen antiken Gesellschaften (insbesondere in Ägypten, Griechenland, Israel und Rom) zukam. Dabei wurde auch deutlich, dass das Spielglück in der Antike nicht als zufallsbasiert verstanden wurde, sondern stets eine religiöse Bedeutung hatte. Zufallsverfahren spielten daher in der Gesamtgesellschaft eine viel größere Rolle als heute, etwa bei der Befragung von "Oraklen", der Besetzung von Ämtern oder gar der Entscheidung über Krieg und Frieden. Die Referentin machte jedoch auch deutlich, dass unser Wissen über das antike Spiel bis heute begrenzt ist, da es oftmals zwar archäologische Funde von Spielmaterialien wie Würfen oder Spielbrettern gibt, aber keine Spielanleitungen überliefert sind. In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurden insbesondere Vergleiche zu heutigen Gesellschaftsspielen gezogen.


4. Oktober 2022: Dr. Susanne Spahn

Zum Start in das Herbstsemester 2022/23 war die Berliner Osteuropa-Historikerin, Politologin und Journalistin Susanne Spahn in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Ihr Vortrag widmete sich dem "Krieg der ostslawischen Brüder" und ging der Frage nach, wie es zu Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 kommen konnte, obwohl doch die Ukrainer seit Jahrhunderten als das ostslawische "Brudervolk" mit den engsten historischen und kulturellen Bindungen zu den Russen gelten. Zur Beantwortung dieser vielschichtigen Frage behandelte die Referentin drei Aspekte: Erstens zeichnete sie die gescheiterte Integrationspolitik Russlands gegenüber der Ukraine seit dem Zerfall der Sowjetunion nach. Zweitens skizzierte sie das Ukraine-Bild der russischen Staatsführung, das der Ukraine den Status einer unabhängigen Nation nicht zubilligt und alle Bestrebungen nach Eigenständigkeit als "faschistisch" verunglimpft. Drittens schließlich zeigte Susanne Spahn auf, dass die zunehmende Demokratisierung der Ukraine vom autokratischen Regime in Russland mehr und mehr als Bedrohung der eigenen Herrschaft wahrgenommen wurde und wird. Dem Vortrag schloss sich eine ausgesprochen lebhaft und kontrovers geführte Diskussion mit dem sehr zahlreich erschienen Publikum an. Dabei ging es insbesondere um die Rolle des Westens und die Frage, inwieweit die NATO, die USA bzw. die Ukraine selbst eine (Mit-)Schuld an dem Krieg hätten und ob dieser Krieg nicht hätte verhindert werden können. Gerade die Frage einer westlichen Mitschuld wurde von der Referentin klar verneint.


FRÜHJAHRSSEMESTER 2022


4. Juli 2022: Dr. Martin Bauch

Zum Abschluss des Frühjahrssemesters 2022 war der Leipziger Historiker Dr. Martin Bauch vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Unter dem Titel "Vergessenes Extremwetter" widmete er sich in seinem Vortrag historischen Naturkatastrophen im mitteldeutschen Raum. Dabei ging der Referent gleich zu Beginn auf das Hochwasser ein, dass im Juni 1771 die Stadt Altenburg heimgesucht hatte. Im weiteren Verlauf schilderte er verschiedene, wetterbedingte Katastrophen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert in Thüringen und ging dabei der Frage nach, ob, wie lange und in welcher Weise diese Ereignisse gesellschaftlich erinnert wurden. So skizzierte er beispielsweise, wie der "Großen Hungersnot" von 1315/17, der bis zu 8.000 Einwohner der Stadt Erfurt zum Opfer fielen, noch bis ins Jahr 1923 durch eine jährliche Prozession gedacht wurde, während dieses Ereignis heute praktisch in Vergessenheit geraten ist. Von diesen Beispielen ausgehend führte Martin Bauch aus, wie die historische Forschung für den heutigen Umgang mit Naturkatastrophen und dem Klimawandel hilfreiches Orientierungs- und Anwendungswissen bereitstellen kann. Im Gespräch mit dem Publikum wurde anschließend insbesondere diskutiert, wie sich das gesellschaftliche Vergessen schrecklicher Naturereignisse erklären lässt und in welcher Weise heute die Erinnerung an Opfer von Naturkatastrophen wieder stärker Eingang in den öffentlichen Raum finden könnte.


13. Juni 2022: Priv.-Doz. Dr. Heike Karge

Am 13. Juni 2022 war die Historikerin Heike Karge (Universität Regensburg) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Unter dem Vortragstitel "Bosnien und Herzegowina – Skizzen aus einem zerrissenen Land" gab sie dem Publikum einen Einblick in die gesellschaftlichen Konflikte dieses südosteuropäischen Staates. Diese Konflikte sind bis heute maßgeblich durch den Bosnien-Krieg (1992–1995) und die an dessen Ende geschaffenen Strukturen des Friedensabkommens von Dayton geprägt, mit dem die Bruchlinien zwischen den drei größten Volksgruppen – den Serben, Kroaten und Bosniaken – zwar befriedet, aber gleichzeitig auch zementiert worden waren. Dadurch wird eine Modernisierung und Demokratisierung des Landes bis heute gelähmt, ein Aufbrechen der ethnischen Konflikte scheint jederzeit möglich, und viele junge Menschen verlassen infolge der wahrgenommenen Perspektivlosigkeit in großer Zahl das Land. In ihrem Vortrag ging Heike Karge auch ausführlich auf die im Krieg verübten Gräueltaten ein, insbesondere auf den Genozid von Srebrenica im Juli 1995. Bei diesem Massaker hatte die Armee der bosnischen Serben mehr als 8.000 Bosniaken – fast ausschließlich Männer und Jungen – systematisch ermordet. Im Gespräch mit dem Publikum wurde insbesondere diskutiert, auf welchem Wege eine innere Befriedung, Demokratisierung und wirtschaftliche Erholung in Bosnien und Herzegowina erreicht werden könnte und welche Rolle dabei die internationale Gemeinschaft, namentlich die Europäische Union, dabei spielen sollte.


16. Mai 2022: Dr. Gunnar Decker

"Die späten Jahre der DDR" waren das Thema der "Akademie in der Aula" am 16. Mai 2022. Zu Gast war der Berliner Autor und preisgekrönte Biograph Gunnar Decker, der sein so Buch "Zwischen den Zeiten. Die späten Jahre der DDR" im Rahmen einer Buchlesung vorstellte. Moderiert wurde der Abend vom Leiter der Thüringer Landeszentrale für Politische Bildung, Franz-Josef Schlichting. Decker schildert in seinem Buch das Panorama einer Übergangszeit und stellt das Wirken zahlreicher Künstlerinnen und Künstler vor. Dabei zeigt er, wie Intellektuelle, Künstler und auch "Aussteiger" spätestens seit der Machtübernahme Michail Gorbatschows in der Sowjetunion 1985 einen Emanzipationsprozess durchlebten, der dem Fall der Berliner 1989 weit vorausging, und der heute leider kaum noch Beachtung findet. Im Rahmen der Lesung ging der Autor vor allem auf die Entwicklungen der 1980er Jahre in der Sowjetunion und den damals intensivierten deutsch-sowjetischen Kulturdialog ein. Zudem las er aus dem Porträt des aus Meuselwitz im Altenburger Land stammenden Schriftstellers Wolfgang Hilbig. In der Diskussion mit dem Publikum wurde vor allem der Vergleich mit der Situation im heutigen Russland und der (nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine) mangelnde Kulturaustausch moniert. Dabei gestand auch Gunnar Decker ein, dass er im Gegensatz zu den 1980er Jahren, als er selbst sogar zeitweilig in Moskau studiert hatte, heute praktisch keinen Einblick mehr in die Russland geführten politischen, kulturellen und literarischen Debatten habe. Die Vision Gorbatschows vom "gemeinsamen europäischen Haus" sei heute weiter entfernt von der Realität als selbst während des Kalten Krieges.


2. Mai 2022: Dr. Ronen Steinke

Der Jurist, Journalist und Autor Ronen Steinke (Süddeutsche Zeitung, im Bild links) besuchte am 2. Mai 2022 die "Akademie in der Aula". In einem in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen veranstalteten Podiumsgespräch präsentierte er sein Buch "Terror gegen Juden. Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage". Darin zeichnet er ein erschütterndes Bild vielfältiger Bedrohungen und Gewalttaten, denen Juden in Deutschland seit 1945 in ihrem Alltag ausgesetzt sind. Neben terroristischen Anschlägen (wie etwa am 9. Oktober 2019 auf die Synagoge in Halle/Saale), tätlichen Angriffen und Gewaltandrohungen seien dies auch unzählige Schändungen jüdischer Friedhöfe, Gebäude und Gedenkstätten. Demgegenüber kritisiert Steinke, dass der deutsche Staat viel zu wenig gegen diese Bedrohungslage tue: Jüdische Schulen und Gemeinden müssten für ihren Schutz oftmals selbst bezahlen, die Polizei nehme die Opfer antisemitischer Gewalt häufig nicht ernst, und Staatsanwaltschaften und Gerichte verfolgten solche Straftaten in vielen Fällen nicht oder nur unzureichend. Vor diesem Hintergrund resümiert Ronen Steinke: "Klar gibt es heute wieder jüdisches Leben in diesem Land. […] Aber was es nicht gibt in diesem Land, auch nicht nach siebzig Jahren Demokratie und Grundgesetz: angstfreies jüdisches Leben." In dem anschließenden Gespräch mit dem Publikum wurden zahlreiche Fragen diskutiert, insbesondere hinsichtlich der Ursachen antisemitischer Gewalt sowie der unzureichenden Tätigkeit der deutschen Behörden. Zudem wurden die negativen Auswirkungen thematisiert, die die "Religionsausübung im Belagerungszustand" (Steinke) auf das Verhältnis zwischen der jüdischen Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland hat.


4. April 2022: Karoline M. Preisler

Am 4. April 2022 war die Juristin und Politikerin Karoline M. Preisler aus Barth (Mecklenburg-Vorpommern) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Sie stellte ihr 2021 erschienes Buch "Demokratie aushalten! Über das Streiten in der Empörungsgesellschaft" vor. Darin geht die Autorin der Frage nach, wie unsere Demokratie angesichts einer zunehmenden Erosion der Mitte und des sozialen Zusammenhalts erneuert und geschützt werden kann. Demokratie versteht Preisler dabei als "die organisierte Verhinderung von Dickköpfigkeit". Diese "Dickköpfigkeit" attestiert sie jedoch immer mehr Bürgern und Politikern – ein Problem, das sich während der Corona-Pandemie verstärkt habe: Während die einen den demokratischen Wettstreit um das bessere Argument oftmals gar nicht mehr führen wollten, sondern lieber für ein "Recht auf Rücksichtslosigkeit" spazieren gingen, mangele es den anderen an einer Fehlerkultur, die das Eingestehen von Fehlern und das offene Streiten um neue und bessere Problemlösungen ermöglicht. Vor diesem Hintergrund plädierte Karoline M. Preisler in ihrer Buchvorstellung dafür, neue Werkzeuge der demokratischen Entscheidungsfindung auszuprobieren und Begegnungsorte für den Dialog über strittige Themen zu schaffen. Diese Überlegungen wurden anschließend gemeinsam mit dem zahlreich erschienenen Publikum intensiv diskutiert. Dabei kamen viele Problemfelder zur Sprache: vom Einfluss der Migration auf unsere Demokratie über das Reformpotential sogenannter "Bürgerräte" bis hin zum (mangelnden) Stellenwert, der den Schulen in der deutschen Politik eingeräumt wird.


28. März 2022: Dr. Uta Bretschneider

Uta Bretschneider, Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, eröffnete das Frühjahrssemester 2022 der "Akademie in der Aula". Sie widmete sich in ihrem Vortrag den "Umbruchsjahren" in den ostdeutschen Dörfern seit 1989. Dabei beschrieb sie zunächst die tiefgreifenden ökonomischen Veränderungen. In der Landwirtschaft fielen ca. 700.000 der 920.000 Arbeitsplätze weg. Damit ging nicht nur individuelle Arbeits- und oft auch Perspektivlosigkeit einher. Vielmehr verschwand ein Großteil der ländlichen Infrastruktur – vom "Landambulatorium" über die "Baubrigade" bis hin zum Kulturhaus. Ein dramatischer Wegzug vor allem des jüngeren (und weiblichen) Teils der Landbevölkerung, ein Gefühl des Abgehängtseins und eine geschwächte Demokratie waren die Folgen. Demgegenüber stellte Uta Bretschneider auch das vielfältige Neue vor, das nach 1989 entstand: von erfolgreichen landwirtschaftlichen Betrieben über kollektive Lebens- und Arbeitsformen bis hin zur neuen "Landlust" ehemaliger Stadtbewohner. Abschließend vertrat die Referentin die These, dass es an der Zeit sei, nicht nur die Friedliche Revolution von 1989 zu erinnern, sondern auch die einschneidenden Umbruchprozesse danach. "Die Transformationszeit hat noch keinen Erinnerungsort", so Bretschneider. Dies sei eine Leerstelle, die gefüllt werden müsse. In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion kamen viele Menschen zu Wort, die den Wandel nach 1989 an verschiedenen Orten des Altenburger Landes selbst erlebt und mitgeprägt hatten. Dabei kamen dabei ganz unterschiedliche Erfahrungen zur Sprache: vom Erleben des Niedergangs der dörflichen Infrastruktur bis hin zur erfolgreichen Modernisierung der Landwirtschaft.


HERBSTSEMESTER 2021/22


8. November 2021: Dr. Regine Maraszek

Am 8. November 2021 war die Archäologin Regine Maraszek vom Landesmuseum für Vorgeschichte/Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Vor restlos ausgebuchtem Hause präsentierte sie einen beeindruckenden Überblick über die mittlerweile mehr als zwanzigjährigen Forschungen zum Sensationsfund der "Himmelsscheibe von Nebra". Die Himmelsscheibe von Nebra, niedergelegt im 16. Jh. v. Chr., ist die älteste konkrete Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. Die Referentin schilderte bildhaft die spannende Geschichte des Fundes durch Raubgräber am 4. Juli 1999 auf dem Mittelberg in der Nähe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt und die sich anschließende regelrechte Kriminalgeschichte, bis die Scheibe schließlich in den Besitz des Landesmuseums gelangte. Sodann erläuerte Maraszek ausführlich, welche astronomischen Phänomene und religiösen Symbole auf der Himmelsscheibe dargestellt sind, in welchen Phasen diese auf der Scheibe angebracht wurden und welche Schlüsse sich aus den bisherigen Erkenntnissen auf die Funktion und die Herkunft der Scheibe und auf die damalige Gesellschaft und ihre Handels- und Herrschaftsbeziehungen ziehen lassen. Anschließend beantwortete Regine Maraszek die zahlreichen Fragen des Publikums: von den Gegebenheiten des Fundorts über die Herstellungstechnik der Himmelsscheibe bis hin zu ihrer – vermeintlichen oder tatsächlichen – Einzigartigkeit.


4. Oktober 2021: Dr. Mandy Tröger

Die Kommunikationswissenschaftlerin Mandy Tröger (Ludwig-Maximilians-Universität München) besuchte am 4. Oktober 2021 die "Akademie in der Aula". In ihrem Vortrag widmete sie sich dem Thema "Presse in Thüringen damals und heute: von der 'Wendevielfalt' zum Quasi-Monopol". Darin ging sie der Frage nach, wie und warum es nach dem Fall der Mauer im November 1989 zu einer so starken Konzentration der Presse in Ostdeutschland bzw. Thüringen kommen konnte. So wird die Thüringer Printbranche heute durch die Funke-Mediengruppe aus Essen dominiert, der mit der "Thüringer Allgemeinen", der "Thüringischen Landeszeitung" und der "Ostthüringer Zeitung" drei regionale Tageszeitungen gehören, die den Pressemarkt im Freistaat weitgehend beherrschen. Dies steht in starkem Kontrast zu der Tatsache, dass es allein im Jahr 1990 24 Zeitungsneugründungen in Thüringen gegeben hatte. In ihrem Vortrag zeigte Mandy Tröger auf, wie Ostdeutschland 1989/90 innerhalb kürzester Zeit im Zentrum des Interesses westdeutscher Großverlage stand, denen weder die DDR-Medienpolitik noch die (west-)deutsche Bundespolitik etwas entgegenzusetzen hatte. Demgegenüber blieben die vielfältigen basisdemokratischen Initiativen in der ostdeutschen Presselandschaft chancenlos. Im Gespräch nach dem Vortrag wurde neben der spezifischen Situation im Landkreis Altenburger Land vor allem diskutiert, inwieweit sich die Entwicklung der ostdeutschen Presselandschaft von anderen Wirtschaftszweigen nach 1989 sowie vom Pressewesen in anderen osteuropäischen Transformationsstaaten unterschied.


6. September 2021: Prof. Dr. Christian Stecker

Zum Auftakt des Herbstsemesters 2021/22 war der Politikwissenschaftler Christian Stecker von der Technischen Universität Darmstadt in der "Akademie in der Aula" zu Gast. "Deutschland vor der Bundestagswahl" war drei Wochen vor dem Urnengang Thema seines gut besuchten Vortrages. Der Referent machte dabei zunächst deutlich, dass die Bundestagswahl 2021 aus drei Gründen besonders spannend ist: wegen des erstmals seit 1949 fehlenden "Amtsinhaberbonus"; aufgrund der starken Verschiebungen im deutschen Parteiensystem; und infolge der immer dynamischeren und kurzfristigeren Wahlentscheidungen der Bürgerinnen und Bürger. Daraus ergäben sich zahlreiche neue Koalitionsmöglichkeiten und -notwendigkeiten. Unter dem Stichwort "Demoskopie-Demokratie" erläuterte Christian Stecker zudem, wie politische Umfragen entstehen, und dass diese aufgrund der sich in jüngster Zeit verstärkenden Unsicherheiten bei der Datenerhebung mit zunehmender Vorsicht interpretiert werden sollten. Mit Blick auf die Regierungsbildung plädierte der Referent dafür, sich nicht in das wenig bewegungsfähige Korsett einer Drei- oder gar Vier-Parteien-Koalition zu zwängen, sondern erstmals auf Bundesebene eine Minderheitsregierung auszuprobieren. Dies würde den Parteien nicht nur mehr Profilierungsmöglichkeiten eröffnen, sondern vor allem auch die Durchsetzung derjenigen Politikziele ermöglichen, für die es gesellschaftliche Mehrheiten gibt. In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde neben der Frage der Regierungsbildung insbesondere das Problem des nicht reformierten Wahlrechts und des deshalb zu befürchtenden übergroßen Bundestags von bis zu 1000 Abgeordneten debattiert.


FRÜHJAHRSSEMESTER 2021


5. Juli 2021: Dr. Jessica Bock

Nach mehr als einem halben Jahr Pandemie-bedingter Zwangspause kehrte die Vortragsreihe "Akademie in der Aula" am 5. Juli 2021 aus ihrem "Online-Exil" wieder in die namensgebende Aula unseres Volkshochschulgebäudes in Altenburg zurück. Zu Gast war die Berliner Historikerin Jessica Bock (Digitales Deutsches Frauenarchiv), die das Thema ihrer 2020 erschienenen Dissertation vorstellte: "Frauenbewegung in Ostdeutschland: Aufbruch, Revolte und Transformation in Leipzig 1980–2000". Die Referentin zeichnete ein eindrucksvolles Panorama der verschiedenen unabhängigen Fraueninitiativen, die sich ab Anfang der 1980er Jahre in Leipzig gebildet hatten. Geschildert wurde, wie diese Gruppen rasch dem Repressionsapparat des DDR-Regimes ausgesetzt waren. Gleichwohl gelang es einigen Gruppen unter dem Dach der Evangelischen Kirche, ein gewisses Maß an Autonomie zu entwickeln, eigene Zeitschriften herauszugeben und sich innerhalb der DDR auch mit anderen Frauengruppen zu vernetzen. Im zweiten Teil ihres Vortrages ging Jessica Bock darauf ein, wie sich die meisten dieser Frauengruppen 1989/90 in Leipzig auflösten, zunächst in der Bürgerrechtsbewegung aufgingen und ab 1990 schrittweise eine "feministische Infrastruktur" in Leipzig aufbauten. Auch wenn ab Mitte der 1990er Jahre ein deutlicher Rückgang des Engagements sichtbar wurde, haben viele der in dieser Zeit entstandenen Strukturen bis heute Bestand. In der anschließenden lebhaften Diskussion wurde insbesondere das Verhältnis der unabhängigen Frauenbewegungen zum offiziellen "Demokratischen Frauenbund" in der DDR sowie der Austausch zwischen ost- und westdeutscher Frauenbewegung vor und nach 1989 diskutiert.


7. Juni 2021: Prof. Dr. Hedwig Richter

Die wechselvolle Geschichte der Demokratie stand im Fokus des Vortrages von Hedwig Richter, die wir am 7. Juni 2021 in der "Akademie in der Aula – online" begrüßen durften. In einer Kooperationsveranstaltung mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen stellte die Historikerin von der Universität der Bundeswehr München ihr aktuelles Buch "Demokratie. Eine deutsche Affäre" vor. In diesem Buch, das in der Fachwelt für intensive Diskussionen gesorgt hat, vertritt sie vier zentrale Thesen: erstens, dass die Entwicklung der Demokratie häufig ein Projekt von Eliten war; zweitens, dass die Geschichte der Demokratie immer auch die Geschichte ihrer Einschränkung ist; drittens, dass Demokratiegeschichte nicht nur als Entwicklung von Institutionen, sondern auch als Geschichte des menschlichen Körpers und des Umgangs mit ihm erzählt werden muss; und viertens, dass die Geschichte der modernen Demokratie eine international verflochtene Geschichte ist, die insbesondere im nordatlantischen Raum stattgefunden hat. Diese Thesen präsentierte Hedwig Richter in ihrem Vortrag und ging dabei insbesondere auf Entwicklungen im 19. Jahrhundert ein. In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere der optimistische Blick der Referentin auf die Geschichte und den aktuellen Zustand der Demokratie gelobt. Daneben wurde die Notwendigkeit diskutiert, das in den Schulen zum Teil bis heute vermittelte Bild eines vorwiegend militaristisch geprägten deutschen Kaiserreichs zu differenzieren und modernisieren – ein Ansinnen, das auf große Zustimmung seitens der Referentin traf.


3. Mai 2021: Christian Masengarb

Der Münchner Journalist und Politikwissenschaftler Christian Masengarb war am 3. Mai 2021 in der "Akademie in der Aula – online" zu Gast. Sein Vortragsthema "Lügen und Propaganda in der Corona-Krise" lockte mehr als 20 Interessierte in den virtuellen Raum der vhs.cloud. Masengarb analysierte in seinem Vortrag die Flut von Falschinformationen und Verschwörungstheorien, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat. Dabei stellte er Propaganda als eine Kommunikationsform vor, bei der versucht wird, Meinungen gezielt durch Lügen zu manipulieren, um Menschen steuern zu können. Hiervon ausgehend stellte der Referent ein Set an Kriterien vor, anhand derer sich Propaganda relativ einfach identifizieren lasse. So seien propagandistische Botschaften typischerweise einfach strukturiert und erzählten eine konkrete, unerwartete, emotional ansprechende und glaubwürdige – aber eben falsche – Geschichte. Propaganda funktioniere vor allem bei komplexen, für das Publikum schwer nachprüfbaren Themen. Sie nutze die Technik der Wiederholung, schüre Angst vor vermeintlicher (Meinungs-)Diktatur, identifiziere "Sündenböcke" und verspreche leichte Lösungen komplexer Probleme. Die Corona-Pandemie sei daher für Propaganda perfekt geeignet, aber propagandistische Botschaften seien anhand der skizzierten Eigenschaften relativ leicht identifizierbar. Dies illustrierte Christian Masengarb anhand zahlreicher Beispiele. Nach dem Vortrag entspann sich eine lebhafte Diskussion mit den Teilnehmenden in der vhs.cloud. Der Vortrag ist nun auch im YouTube-Kanal unserer Volkshochschule veröffentlicht.


12. April 2021: Prof. Dr. Torsten Oppelland

Warum hat Thüringen als einziges Bundesland einen Ministerpräsidenten aus der Partei "Die Linke"? Warum gibt es seit der Landtagswahl 2019 keine Mehrheit mehr im Thüringer Landtag? Und: Warum funktioniert das „Regieren ohne Mehrheit“ seit dem März 2020 mehr oder weniger geräuschlos? Diesen Fragen ging am 12. April 2021 der Politikwissenschaftler Torsten Oppelland (Friedrich-Schiller-Universität Jena) in der "Akademie in der Aula – online" nach. Oppelland zeichnete zunächst die Entwicklung des thüringischen Parteiensystems seit dem Ende der 1990er Jahre nach und zeigte auf, wie sich hier schrittweise die deutschlandweit einzigartige Spitzenposition der PDS bzw. ihrer Nachfolgepartei "Die Linke" herausbildete. Als zentrale Ursache für den Verlut der rot-rot-grünen Mehrheit im Herbst 2019 identifizierte der Referent das Erstarken der rechtsextremen AfD. Anschließend argumentierte er, dass die Corona-Pandemie der wesentliche Grund dafür sei, dass die rot-rot-grüne Minderheitsregierung mit Duldung der CDU einigermaßen reibungslos funktioniere. Für den Fall, dass im September 2021 verabredungsgemäß eine vorgezogene Landtagswahl stattfinden und sich dabei die Mehrheitsverhältnisse im Landtag nicht wesentlich verändern sollten, prognostizierte Oppelland schließlich, dass es dann der CDU leichter fallen könnte, sich koalitionspolitisch neu zu orientieren. In der sich an den Vortrag in der vhs.cloud anschließenden Diskussion wurde insbesondere die Zukunftsszenarien lebhaft diskutiert. Der Vortrag kann nun auch im YouTube-Kanal unserer Volkshochschule abgerufen werden.


29. März 2021: Dr. Manès Weisskircher

Die Chancen und Risiken der direkten Demokratie standen im Zentrum des Vortrages von Manès Weisskircher, den wir am 29. März 2021 in der "Akademie in der Aula – online" begrüßen durften. Der Politikwissenschaftler von der Technischen Universität Dresden erklärte zunächst die zentralen Begriffe: Während bei der repräsentativen Demokratie das Volk nur Vertreter wähle, die dann alle Sachentscheidungen zu treffen hätten, entschieden bei der direkten Demokratie die Bürger*innen selbst unmittelbar über die anstehenden Sachfragen. In der Realität kämen diese beiden Idealtypen der Demokratie praktisch nie in Reinform vor, sondern in unterschiedlichen Mischungen. Vor dem Hintergrund einschlägiger politikwissenschaftlicher Studien und zahlreicher Beispiele betonte Manès Weisskircher die Chancen, die direktdemokratische Verfahren böten: Sie könnten die Zufriedenheit mit dem politischen Prozess, den Glauben an eine wirksame politische Teilhabe und das Wissen über die Politik erhöhen und zudem zur öffentlichen Thematisierung von "Minderheitenthemen" beitragen. Diese positiven Effekte seien aber nur erreichbar, wenn bei der konkreten Ausgestaltung direktdemokratischer Verfahren eine Reihe von Fallstricken umgangen werde. So sei beispielsweise wichtig, dass solche Verfahren bindenden (und nicht rein konsultativen) Charakter hätten und für eine hinreichende Transparenz bei der Finanzierung von Abstimmungskampagnen gesorgt sei. Nach dem Vortrag beantwortete der Referent die Fragen der Teilnehmenden in der vhs.cloud. Der Vortrag ist nun auch im YouTube-Kanal unserer Volkshochschule veröffentlicht.


15. März 2021: Dr. Julia Schwanholz

Leben wir in einer "Coronakratie"? Dieser Frage widmete sich zum Auftakt des Frühjahrssemester 2021 am 15. März die Politikwissenschaftlerin Julia Schwanholz (Universität Duisburg-Essen). Unter der Überschrift "Ausnahmezustand oder neue Normalität? Über das Politikmanagement in der 'Coronakratie'" diskutierte sie die Veränderungen, die sich aus der globalen Corona-Pandemie vorübergehend oder dauerhaft für das demokratische Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland ergeben haben: Befindet sich Deutschland in einem (dauerhaften) Ausnahmezustand? Dominieren Parteien oder Einzelmeinungen den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess oder setzt sich (Expertinnen-)Wissen durch? Wie belastbar und widerstandsfähig ist unsere Demokratie in der Corona-Pandemie? Verschiedene Thesen und Antworten zu diesen und anderen Fragen diskutierte Schwanholz auf Basis der Beiträge eines Anfang März 2021 erschienenen, von der Referentin mit herausgegebenen Buches, das mit der Wortschöpfung "Coronakratie" und dem Untertitel "Demokratisches Regieren in Ausnahmezeiten" das Phänomen der globalen Pandemie sowie die politischen und gesellschaftlichen Reaktionen darauf essayistisch unter die Lupe nimmt. Nach dem Vortrag entspann sich in der vhs.cloud eine lebhafte Diskussion zwischen den Teilnehmenden und Julia Schwanholz. Dabei wurde insbesondere die Rolle der "stillen", d.h. politisch wenig wirkmächtigen Gruppen in unserer Gesellschaft thematisiert (wie bspw. die Pflegekräfte) und die Frage, wie deren Interessen stärker in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden könnten. Der Vortrag ist nun auch im YouTube-Kanal unserer Volkshochschule veröffentlicht.


HERBSTSEMESTER 2020/21


1. Februar 2021: Prof. Dr. Gert Pickel

Nach der zweiten Corona-bedingten Zwangspause konnten wir am 1. Februar 2021 erstmals einen Vortrag in der "Akademie in der Aula – online" in der vhs.cloud realisieren. Unser virtueller Gast war der Soziologe und Politikwissenschaftler Gert Pickel von der Universität Leipzig. Thema seines Vortrages: "Religion und Demokratie". Pickel ging darin der Frage nach, inwieweit die wachsende religiöse Vielfalt in Deutschland mit dem demokratischen Regierungssystem zusammenpasst. Auf Basis aktueller empirischer Daten, insbesondere des "Religionsmonitors" der Bertelsmann-Stiftung, zeichnete er ein differenziertes Bild, das in weiten Teilen nicht der in der öffentlichen Debatte oft beschworenen Gefährdung der Demokratie durch "den Islam" entspricht. So werfe Religiosität als solche kaum Probleme für die Demokratie auf; sozial engagierte Gläubige stellten sogar eine besondere Stütze für die Demokratie dar. Auch unter den Muslimen bestehe eine breite prodemokratische Haltung. Gefahren identifizierte Gert Pickel demgegenüber zum einen in exklusivistischen religiösen Haltungen, die jedoch nicht nur bei einer Minderheit der Muslime, sondern etwa auch bei bestimmten christlichen Freikirchen verbreitet seien. Zum anderen bringe die in der deutschen "Mehrheitsgesellschaft" verbreitete Ablehnung von Muslimen, die sich aus Bedrohungsgefühlen und Vorurteilen speise, eine Gefährdung der auf Pluralität ausgelegten liberalen Demokratie mit sich. Nach dem Vortrag konnten die Teilnehmenden in der vhs.cloud dem Referenten ihre Fragen stellen. Der Vortrag ist nun auch im YouTube-Kanal unserer Volkshochschule veröffentlicht.


5. Oktober 2020: Prof. Dr. Ilse Nagelschmidt

Im Oktober 2020 konnten wir die Germanistin Ilse Nagelschmidt von der Universität Leipzig in der "Akademie in der Aula" begrüßen. Unter der Überschrift "Sprache als Verwandlung von Welt" widmete sie sich in ihrem Vortrag der jüdischen-deutsch-schwedischen Schriftstellerin und Literatur-Nobelpreisträgerin Nelly Sachs (1891–1970). Die in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen (LZT) angebotene Veranstaltung war zudem Teil der LZT-Reihe "Berühmte Frauen. Lebenswege und Visionen" sowie des Themenjahres "900 Jahre jüdisches Leben in Thüringen". Nagelschmidt zeichnete in ihrem Vortrag das Leben der bis heute in Deutschland eher wenig beachteten Nelly Sachs im Kontext ihres vielfältigen literarischen Werks nach. 1891 in Schöneberg bei Berlin (seit 1920 Stadtteil von Berlin) geboren und aufgewachsen, veröffentlichte sie seit 1921 Gedichte, später auch dramatische Literatur. 1940 gelang ihr als einer der letzten vom Holocaust Verfolgten die Flucht nach Schweden, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1970 lebte. Ilse Nagelschmidt ging insbesondere auf Sachs' nach dem 2. Weltkrieg entstandenes lyrisches Werk ein, namentlich die Gedichtbände "In den Wohnungen des Todes" (1947) und "Sternverdunklung" (1949), in denen sich konkrete Bezüge auf die Gräuel der Shoa finden. Zudem skizzierte Nagelschmidt, wie sich die psychische Belastung durch Verfolgung und Flucht vor allem im letzten Lebensjahrzehnt massiv auf die Gesundheit von Sachs auswirkten. In der Diskussion des gut besuchten Vortrages wurde vor allem die heute fehlende Kenntnis des Werks der Autorin betont – vielleicht für den einen oder anderen Teilnehmenden des Abends eine Anregung zur eigenen Lektüre.


7. September 2020: Dr. Christa Grimm

Zum Auftakt des Herbstsemesters 2020/21 war die Altenburger Literaturwissenschaftlerin Christa Grimm zu Gast in der "Akademie in der Aula". In ihrem ausgesprochen gut besuchten Vortrag widmete sie sich der bis heute außerhalb Altenburgs nur wenig bekannten Schriftstellerin Sophie Schubart-Mereau-Brentano (1770–1806), deren Geburtstag sich in diesem Jahr zum 250. Mal jährte. Dabei ging Grimm weniger auf Mereaus Werk ein, sondern rekonstruierte vielmehr ihre Biographie im deutschen und europäischen Kontext ihrer Zeit. Als wichtige Einflussfaktoren identifizierte sie unter anderem die europäische Hungerkrise 1770–1772, den Zugang zu umfangreicher Bildung sowie die Französische Revolution von 1789. Mit der Heirat des Rechtswissenschaftlers und Bibliothekars Friedrich Ernst Carl Mereau und dem erfolgten Umzug nach Jena 1793 kam Sophie Mereau in Kontakt mit zahlreichen Geistesgrößen ihrer Zeit, darunter Schiller, Herder, Friedrich und Ludwig Tieck, Fichte, Schelling und Hegel, mit denen sie einen regen Austausch pflegte. In zweiter Ehe war sie mit dem Schriftsteller Clemens Brentano verheiratet. Trotz ihres umfangreichen Werks von zwei Romanen, mehreren Erzählungen, Essays und Gedichten blieb sie bis weit über ihren Tod hinaus eine "Frau im Schatten" der sie umgebenden Männer, wie Christa Grimm es in ihrem Vortrag treffend formulierte. Es bleibe eine Aufgabe für die heutige Zeit, ihr Werk zu entdecken und ihre Biographie wissenschaftlich aufzuarbeiten.


FRÜHJAHRSSEMESTER 2020


6. Juli 2020: Prof. Dr. Hubertus Buchstein

Nach dreimonatiger, durch die Corona-Pandemie verursachte Zwangspause konnten wir am 6. Juli 2020 die "Akademie in der Aula" mit dem Politikwissenschaftler Hubertus Buchstein von der Universität Greifswald wiedereröffnen. Thema seines Vortrages: "Demokratie und Demokratiereform". Nachdem Buchstein zunächst den Begriff der Demokratie definiert hatte, führte er aus, dass das Demokratieprinzip im modernen Verfassungsstaat parallel zu anderen Prinzipien steht, insbesondere dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsprinzip. Daraus ergäbe sich jedoch nicht nur eine Konkurrenz, sondern auch eine wechselseitige Ermöglichung. Daran anschließend diskutierte Buchstein eine Reihe von Funktionsproblemen der Demokratie wie etwa die Schwierigkeiten, Langfristprobleme wie den Klimawandel erfolgreich zu bearbeiten oder die Abhängigkeit von einer stabilen demokratischen (Bürger-)Kultur. Danach wurden einige Ideen für eine Reform der bundesrepublikanischen Demokratie vorgestellt, die Buchstein insbesondere am Beispiel der seit Jahren dringend notwendigen, aber vom Bundestag immer wieder blockierten Überarbeitung des Wahlrechts illustrierte. Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine intensive Diskussion mit den etwa 20 Besucher*innen des Vortrages. Dabei kamen nicht nur verschiedene Frustrationserfahrungen mit der politischen Elite oder mit der Kommunalverwaltung zur Sprache, sondern es wurde auch diskutiert, welche Möglichkeiten die einzelnen Bürger*innen haben, politische Entscheidungen zu beeinflussen.


2. März 2020: Dr. Matthias Quent

Der bekannte Rechtsextremisforscher und Soziologe Matthias Quent vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena war zum Auftakt des Frühjahrssemesters 2020 in der "Akademie in der Aula" zu Gast. In seinem Vortrag behandelte er das Thema seines gleichnamigen Buches "Deutschland rechts außen. Wie die Rechten nach der Macht greifen und wie wir sie stoppen können." Quent legte dar, was unter Rechtsextremismus bzw. Rechtsradikalismus zu verstehen ist, welche Formen er annehmen kann, wie verbreitet er in der Bundesrepublik Deutschland ist und worin seine Gefahren für die Demokratie bestehen. Dabei ging Quent auch auf das (scheinbare) Paradox ein, dass die Verbreitung rechtsradikaler Einstellungen in der Bevölkerung seit Jahren rückläufig ist, das Auftreten rechtsradikaler Handlungen und Aktionen in den vergangenen Jahren aber wieder zugenommen hat. In diesem Zusammenhang wurde auch die Rolle der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) und der Einfluss der sogenannten "Normalisierung" rechtspopulistischen und rechtsradikalen Denkens in öffentlichen Diskursen thematisiert. In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere darüber debattiert, was die demokratischen Kräfte – und jeder einzelne Bürger – gegen das weitere Erstarken des Rechtsradikalismus tun können.


HERBSTSEMESTER 2019/20


3. Februar 2020: Tanja Brandes und Markus Decker

Zum Abschluss des Herbstsemesters 2019/20 konnten wir am 3. Februar 2020 die Berliner Journalisten Tanja Brandes (Berliner Zeitung) und Markus Decker (Redaktionsnetzwerk Deutschland) in der "Akademie in der Aula" begrüßen. In der in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen angebotenen Veranstaltung stellten sie ihr bereits in der 2. Auflage erschienenes Buch "Ostfrauen verändern die Republik" (2019) vor. Darin porträtieren die beiden Autoren prominente und öffentlich weniger bekannte ostdeutsche Frauen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Brandes und Decker betrachten vor allem die vergangenen drei Jahrzehnte, werfen aber auch einen Blick zurück in die Zeit vor 1989 – auf die Herausforderungen und Chancen für Frauen in Ostdeutschland vor und nach der Wende. In Altenburg lasen die Autoren drei ausgewählte Porträts, in denen (berufs-)biographische Brüche, Arbeitslosigkeit und Wegzug, aber auch Neuanfänge und erfolgreiche Laufbahnen beispielhaft vorgestellt wurden. Danach entspann sich eine intensive Diskussion mit dem überwiegend weiblichen Publikum. Eigene Erfahrungen als "Ostfrauen" kamen ebenso zu Wort wie die Frage, ob für die beiden Autoren ihre westdeutsche Herkunft eher ein Problem oder ein Vorteil beim Schreiben des Buches war.


13. Januar 2020: Dr. Frank Britsche

Am 13. Januar 2020 besuchte der Historiker Frank Britsche von der Universität Leipzig die „Akademie in der Aula“. Thema seines Vortrages: „Aufbruch zur Demokratie vor 30 Jahren – heutiges Erinnern an ‚1989‘“. Mit einem Fokus auf die Stadt Leipzig ging Britsche der Frage nach, wie die Ereignisse des „Wendeherbsts“ seither öffentlich erinnert werden. Nach einer kurzen Darstellung der Montagsdemonstration vom 9. Oktober zeigte Frank Britsche auf, wie diese Demonstration bereits im November/Dezember 1989 als „Tag der Entscheidung“ wahrgenommenen wurde. Er machte zudem darauf aufmerksam, dass der heute geläufige Begriff der „Friedlichen Revolution“ sich erst im Laufe der 1990er Jahre als Bezeichnung der Ereignisse von 1989 durchsetzte und damit eben auch eine bestimmte Interpretation für das öffentliche Erinnern vorherrschend wurde. Sodann zeichnete Britsche nach, wie die Stadt Leipzig über verschiedene Stationen – Bürgerfeste in den 1990er Jahren, die „Rede zur Demokratie“ seit 2001 und das schließlich seit 2009 gefeierte (und in jüngster Zeit zunehmend umstrittene) „Lichtfest“ – den 9. Oktober als zentralen Festtag des Erinnerns erfolgreich etablierte. In der anschließenden Diskussion wurden insbesondere drei Fragen kontrovers debattiert: Was soll eigentlich erinnert werden? Wer entscheidet, was öffentlich erinnert wird? Und: Wie soll Geschichte inszeniert werden?


6. Januar 2020: Dr. Norbert Aust

Zum Beginn des Jahres 2020 war am 6. Januar Norbert Aust vom Informationsnetzwerk Homöopathie in der „Akademie in der Aula“ zu Gast. Unter den Stichworten „Lehre, Überzeugung, Evidenz“ gab er einen kritischen Einblick in die Lehre der Homöopathie. So stellte er dar, wie homöopathische Arzneimittel hergestellt werden und dass diese aufgrund der starken Verdünnung (der sogenannten „Potenzierung“) zumeist keinen nachweisbaren Wirkstoff enthalten. Anschließend zeigte er den historischen Entstehungszusammenhang der Homöopathie auf und legte dar, dass diese Lehre zu Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem deswegen erfolgreich war, weil sie im Gegensatz zu den Standardmethoden der damaligen Medizin keine zusätzlichen Schäden bei den Patienten verursachte. Schließlich führte Norbert Aust aus, dass es keinerlei wissenschaftliche Belege für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel gibt. Als gefährlich stufte er die Homöopathie schließlich ein, wenn sie zur Behandlung ernsthafter Erkrankungen wie bspw. Krebs und AIDS oder als Ersatz für Impfungen eingesetzt wird. In der anschließenden Diskussion stellte sich Norbert Aust den zahlreichen kritischen Fragen des Publikums, in denen zum Teil sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema Homöopathie sichtbar wurden.


2. Dezember 2019: Harald Mohr

Der Erfurter Fernsehjournalist Harald Mohr besuchte am 2. Dezember 2019 die "Akademie in der Aula". In einem sehr diskursiv gestalteten Vortrag ging er der Frage nach: "Kann Demokratie auf Journalismus verzichten?" Anhand seiner eigenen Tätigkeit für das Thüringen Journal des Mitteldeutschen Rundfunks gab Mohr einen umfassenden Einblick in die Arbeit von Fernsehjournalisten, die Entstehung journalistischer TV-Beiträge, die Kosten der journalistischen Arbeit und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zudem ging er auf die Mediennutzung in Deutschland ein, bei der trotz der starken Zunahme von Online-Medien wie Nachrichtenwebsites und "Social Media" das Fernsehen weiterhin das am meisten genutzte Massenmedium ist. In einer sehr intensiven Diskussion mit dem Publikum wurden zahlreiche Fragen besprochen. Unter anderem wurde die Bedeutung des regionalen und lokalen Fernsehens für die Demokratie diskutiert sowie eingehend auf die Krise des Printjournalismus eingegangen. So erläuterte Harald Mohr die immer schwierigeren Arbeitsbedingungen lokaler Zeitungsjournalisten, die naturgemäß erhebliche negative Folgen auf die Qualität ihrer Arbeit hätten. Angesichts der weiterhin sinkenden Auflagen bei gleichzeitig steigenden Vertriebskosten wagte er schließlich die Prognose, dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem "Crash" zahlreicher Printmedien in Deutschland kommen werde.


4. November 2019: Dr. Andreas Braune

Am 4. November 2019 war der Politikwissenschaftler Andreas Braune von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in der "Akademie in der Aula" zu Gast. Sein Vortrag behandelte "Die Weimarer Republik – die Errungenschaften der ersten deutschen Demokratie". Nach einem Überblick über die Entstehung der ersten deutschen Demokratie nach dem 1. Weltkrieg zeichnete Braune die vielfältigen demokratischen, grundrechtlichen und sozialpolitischen Elemente nach, die in der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 festgelegt wurden. Dies waren insbesondere die Volkssouveränität und das Republikprinzip, das Frauenwahlrecht und die grundsätzliche Gleichberechtigung der Frauen, die Demokratisierung des Föderalismus, vielfältige direktdemokratische Mechanismen, der Ausbau der liberalen, wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte sowie die Staatsaufgabe der Bildung demokratischer Staatsbürger, die u.a. auch die Förderung der Volkshochschulen beinhaltete. Anschließend arbeitete der Referent heraus, dass die meisten dieser Elemente und einige weitere Institutionen (wie etwa die damalige "Reichszentrale für Heimatdienst", heute: Bundeszentrale für Politische Bildung) durch die Bundesrepublik ab 1949 weitergeführt bzw. ausgebaut wurden. Wie auch in der anschließenden Diskussion deutlich wurde, hat unsere heutige Demokratie der Weimarer Republik also weit mehr zu verdanken, als man lange geglaubt hat.


2. September 2019: Prof. Dr. Katrin Großmann

Die an der Fachhochschule Erfurt lehrende Soziologin Katrin Großmann eröffnete am 2. September 2019 unsere "Akademie in der Aula". Thema ihres Vortrages: "Schrumpfende Städte in Thüringen: Über Trends, Unterschiede und nicht zuletzt über Würde". In ihren Überlegungen stellte Großmann das Phänomen schrumpfender Städte zunächst dem sozialtheoretischen Begriff der Würde gegenüber. Dabei erläuterte sie, wie sich der in aller Regel negativ geführte Schrumpfungsdiskurs negativ auf die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Städte auswirkt. Anschließend zeichnete sie das Phänomen schrumpfender Städte im internationalen Vergleich nach. In diesem Zusammenhang wurde auch deutlich, dass aufgrund der starken staatlichen und kommunalen Strukturen in Deutschland hiesige Städte – wie etwa Altenburg – von Schrumpfungsprozessen wesentlich schwächer getroffen werden als beispielsweise Städte wie Detroit in den USA. Zentrale These ihres Vortrags: "Das Problem des Schrumpfens wird global ausgelöst, muss aber lokal bearbeitet werden." Vor diesem Hintergrund kam Großmann im Anschluss an ihre Ausführungen mit dem Publikum vor allem über die Frage ins Gespräch, auf welche Weise passende Lösungen in den betroffenen Kommunen gefunden werden können, und welchen Beitrag hierzu eine Stärkung der lokalen Demokratie leisten könnte.